Liebe Leserin, lieber Leser,
besteht bei Ihnen oder einem Familienangehörigen der Verdacht auf eine Adrenoleukodystrophie? Diese Information soll Betroffenen und Angehörigen helfen, sich einen ersten Überblick über dieses sehr seltene Krankheitsbild zu verschaffen.
Die Adrenoleukodystrophie (kurz: ALD) ist eine erbliche Stoffwechselkrankheit. Ungefähr 1 von 17000 Neugeborenen ist betroffen. Durch einen genetischen Fehler können bestimmte Fettsäuren nicht abgebaut werden. Sie schädigen das Gehirn und das Rückenmark sowie die Nebennieren. Wie sich eine ALD äußert, hängt vom Geschlecht ab. Denn das veränderte Gen liegt auf einer der Erbanlagen, die das Geschlecht bestimmen: auf dem X-Chromosom. Männer haben nur ein X-Chromosom. Sie erkranken fast immer. Frauen hingegen besitzen zwei davon und tragen das fehlerhafte Gen nur auf einem. Sie wissen häufig nicht, dass sie diese Erbkrankheit haben. Ihre männlichen Nachkommen haben ein Erkrankungsrisiko von 50 Prozent.
Männliche Betroffene haben fast immer Beschwerden. Wann sie erstmals auftreten und wie schwerwiegend sie sein werden, lässt sich nicht vorhersagen. Bei Frauen mit dem ALD-Gen kommt es – wenn überhaupt – erst in späteren Jahren zu Beeinträchtigungen. Bei den meisten männlichen Erkrankten bilden die Nebennieren nicht mehr genügend Hormone. Dies führt unter anderem zu Schwächegefühl, niedrigem Blutdruck, Erbrechen, Gewichtsverlust sowie bräunlicher Hautverfärbung. Diese Beschwerden können erste Hinweise auf eine ALD sein, aber auch andere Ursachen haben. Einige Betroffene haben neben dieser Nebennierenschwäche jahrelang keine weiteren Anzeichen. Es gibt zwei wesentliche Verlaufsformen der ALD:
Da viele Beschwerden nicht eindeutig sind und auf andere Krankheiten hinweisen können, vergehen oft Jahre bis zur richtigen Diagnose. Um sie zu sichern, wird Blut auf die veränderte Erbanlage untersucht.
Die Erkrankung ist bislang nicht heilbar. Das Versagen der Nebennieren lässt sich durch Zufuhr der fehlenden, lebensnotwendigen Hormone gut behandeln. Die weitere Behandlung sollte den Bedürfnissen des Erkrankten entsprechen. Unterstützend erhalten Betroffene frühzeitig krankengymnastische und ergotherapeutische Förderung, um die Muskeln zu lockern. Bei Krämpfen oder Schmerzen kann der Arzt Medikamente verordnen. Bei Schluckstörungen können Betroffene künstlich über einen Schlauch ernährt werden. Manchmal ist auch eine psychologische oder psychiatrische Betreuung sinnvoll.
Experten empfehlen, alle 6 bis 12 Monate oder beim Auftreten neuer Beschwerden eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns vorzunehmen. Dadurch soll eine Hirnbeteiligung so früh wie möglich entdeckt werden: Fallserien zeigen, dass bei beginnender Hirnbeteiligung eine Transplantation menschlicher Stammzellen das Fortschreiten der Krankheit verzögern oder aufhalten kann. Allerdings tritt die Wirkung erst nach mehreren Monaten ein; bestehende Schädigungen sind nicht rückgängig zu machen. Der Eingriff kann riskant sein. Etwa jeder zehnte Junge verstirbt an den Folgen. Dennoch ist dies derzeit die einzige Möglichkeit, eine ALD mit Hirnbeteiligung zu behandeln.
Viele Untersuchungen weisen auf eine nervenschädigende Wirkung der nicht abbaubaren Fettsäuren hin. Mit einer fettarmen Diät und zusätzlicher Einnahme einer speziellen Ölmischung – bekannt als „Lorenzos Öl“ – können die schädigenden Fettsäuren im Blut gesenkt werden. Nach einigen Wochen normalisieren sich die Fettsäurewerte. Allerdings kann diese Behandlung die fortschreitende Nervenzerstörung nicht vollständig verhindern. Es ist unklar, ob der Krankheitsausbruch so verzögert werden kann. Nebenwirkungen treten oft auf, etwa erhöhte Leberwerte.
Adrenoleukodystrophie - Was ist das? (pdf - 62 kB)
Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)