Liebe Leserin, lieber Leser,
wurde bei Ihnen oder einem Familienangehörigen das Marfan-Syndrom festgestellt oder besteht der Verdacht darauf? Diese Information soll Ihnen helfen, sich einen ersten Überblick über dieses seltene Krankheitsbild zu verschaffen. Wenn Sie mehr über die Erkrankung wissen, können Sie ihr besser begegnen.
Das Marfan-Syndrom ist eine erblich bedingte Erkrankung. Durch einen genetischen Fehler wird das Bindegewebe nicht normal gebildet. Bindegewebe kommt fast überall im Körper vor. Betroffen sind daher viele verschiedene Organe und Körperstrukturen, wie Knochen und Gelenke, Augen oder Herz und Blutgefäße. Nach Schätzungen sind etwa 1 bis 2 von 10000 Menschen am Marfan-Syndrom erkrankt. Die Krankheit wird unabhängig vom Geschlecht vererbt. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Ist ein Elternteil erkrankt, besteht eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent, dass auch das Kind erkrankt. Bei etwa jedem Vierten wird die Krankheit nicht vererbt, sondern die Erbinformation hat sich zufällig verändert. Das Marfan-Syndrom tritt dann in dieser Familie neu auf.
Es treten verschiedene Auffälligkeiten auf, die unterschiedlich ausgeprägt sein können: stark, schwach oder auch gar nicht. Viele Anzeichen sind im Kindesalter noch nicht vorhanden und entwickeln sich erst mit der Zeit.
Vor allem die Veränderungen an der Aorta und den Herzklappen mindern die Lebenserwartung der Betroffenen. Ohne Behandlung werden sie im Mittel 40 bis 50 Jahre alt, bei optimaler medizinischer Versorgung können sie heute genauso alt werden wie der Rest der Bevölkerung.
Ihr Arzt befragt Sie ausführlich und untersucht Sie. Dabei achtet er auf Anzeichen, die auf das Marfan-Syndrom hindeuten können. Sind die Untersuchungsergebnisse eindeutig, so kann er sagen, ob Sie vom Marfan-Syndrom betroffen sind. Es könnte wichtig sein zu unterscheiden, ob bei Ihnen das Marfan-Syndrom oder eine ähnliche Erbkrankheit vorliegt. Ein Gentest kann dann hilfreich sein. Besprechen Sie dies mit Ihrem Arzt.
Das Marfan-Syndrom ist nicht heilbar, aber es gibt gute Behandlungsmöglichkeiten. Ein Team aus Spezialisten wie Herzärzten, Orthopäden und Augenärzten soll Sie regelmäßig und dauerhaft betreuen. Besonders ernst zu nehmen sind Folgen, die das Herz und die Gefäße betreffen. So besteht ein Risiko, dass sich die Hauptschlagader, die Aorta, aufweitet. Wenn sie reißt, kann das lebensgefährlich werden. Möglicherweise können bestimmte Medikamente, sogenannte Betablocker, dem entgegenwirken und das Überleben verbessern. Manchmal empfehlen die Experten vorbeugend auch eine Operation der Aorta. Dabei wird die Ausweitung der Hauptschlagader operativ entfernt und die Aorta durch künstliches Gewebe ersetzt. Ob eine vorbeugende Operation erfolgen sollte, hängt davon ab, wie stark das Gefäß ausgeweitet ist, wie schnell es sich verbreitert, welche weiteren Erkrankungen Sie haben und wie das Marfan-Syndrom in Ihrer Familie verlaufen ist. Bei vorbeugender Operation überleben 98 bis 99 von 100 Betroffenen. Reißt die Aorta plötzlich, ist dies ein Notfall, der sofort behandelt werden muss. Eine Notfall-Operation überleben etwa 80 von 100 Betroffenen. An veränderten Herzklappen können sich leichter Bakterien festsetzen und zu schweren Entzündungen des Herzens führen. In bestimmten Situationen, zum Bespiel vor zahnärztlichen Eingriffen, sollten Sie zum Schutz vor Infektionen Antibiotika bekommen. Orthopädische Probleme lassen sich mit Physiotherapie behandeln. Operationen an Wirbelsäule, Füßen, Augen oder Lunge lindern bestimmte Beschwerden. Um das übermäßige Körperwachstum einzuschränken, werden manchmal Hormone eingesetzt.
Marfan-Syndrom - Was ist das? (pdf - 54 kB)
Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)