Die elektronische Patientenakte: Was Sie jetzt dazu wissen müssen
Ab 15. Januar 2025 wird die ePA neu aufgelegt. Was ändert sich dann, was müssen Praxen beachten? Wie wird abgerechnet? Nachfolgend erhalten Sie einen ersten Überblick zur „ePA für alle”.
Seit Januar 2021 können gesetzlich Krankenversicherte eine elektronische Patientenakte (ePa) bei ihrer Krankenkasse beantragen – bislang wird dies aber nur von etwa einem Prozent der Versicherten genutzt. Ab Januar 2025 wird die ePA daher neu aufgelegt, als „ePA für alle“. Mit der sogenannten Opt-Out-Regelung erhalten alle gesetzlich Versicherten dann eine ePA, es sei denn, sie widersprechen.
Ausstattung bereits jetzt vorhalten
Bereits jetzt müssen laut Gesetz alle Ärzte und Psychotherapeuten die notwendige Ausstattung vorhalten, um Daten über die Telematikinfrastruktur in die ePA zu übertragen oder auszulesen. Andernfalls droht eine Kürzung der Vergütung um ein Prozent. Ab Januar 2025 müssen Praxen zudem die neue Softwareversion 3.0 für die ePA vorhalten, sonst wird die TI-Pauschale gekürzt.
ePA ersetzt nicht die Dokumentationspflicht
Die ePa ist eine patientengeführte Akte. Hier entscheidet der Patient selbst, welche Daten aus dem aktuellen Behandlungskontext in seiner ePA gespeichert werden und kann Dokumente auch eigenständig löschen. Die elektronische Patientenakte ersetzt daher nicht die herkömmliche Patientenakte im Praxisverwaltungssystem. Ärzte sind nach Gesetz und Berufsordnung verpflichtet, alle medizinisch relevanten Informationen für die Behandlung eines Patienten zeitnah in der Patientenakte festzuhalten – elektronisch oder auf Papier. Auch Psychologische Psychotherapeuten sind zur Dokumentation der Behandlung verpflichtet. An dieser Pflicht ändert sich mit der ePA nichts.
Was Aufgabe der Praxis ist – und was nicht
Vertragsärzte und -psychotherapeuten sind verpflichtet, die Patienten beim Besuch in der Praxis darüber zu informieren, welche Daten sie gegebenenfalls in der ePA speichern. Das können beispielsweise aktuelle Laborbefunde oder der Arztbrief eines Kollegen sein. Es ist außerdem Aufgabe der Praxis, die Patienten darauf hinzuweisen, dass sie einen Anspruch auf die Befüllung der Akte mit weiteren Daten haben. Wird dies gewünscht, muss die Praxis die Einwilligung des Patienten in der Behandlungsdokumentation erfassen.
Nicht Aufgabe der Praxen ist hingegen das Einpflegen
von Informationen in Papierform, zum Beispiel „alte“ Arztbriefe und Befunde. Versicherte haben mit der neuen ePA ab 2025 einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass ihre Krankenkasse für sie solche Dokumente digitalisiert, wenn sie es wünschen. Möglich ist dies zweimal innerhalb von 24 Monaten für jeweils bis zu zehn Dokumente.
Zugriffsrechte der Praxis
Bislang dürfen Ärzte und Psychotherapeuten nur mit Einwilligung der Patientin oder des Patienten auf die ePA zugreifen. Ab 2025 hat eine Arzt- oder Psychotherapiepraxis im Behandlungskontext standardmäßig Zugriff auf alle Inhalte der ePA eines Versicherten. Der „Behandlungskontext“ wird durch Einlesen der eGK nachgewiesen. Hierdurch erhält die Praxis automatisch Zugriff auf die ePA-Inhalte für einen Zeitraum von 90 Tagen. Der Versicherte kann den Zugriff einer Praxis auf die Inhalte einer ePA aber vielfältig beschränken, indem er widerspricht, Inhalte verbirgt oder löscht.
Besser strukturiert mit MIO
Für die ePA sollen Medikations-, Befund- oder Labordaten automatisch so aufbereitet und strukturiert werden, dass Ärzte in Praxen und Kliniken sie leicht finden und nutzen können. Dokumente wie der Medikationsplan werden als sogenanntes Medizinisches Informationsobjekt, kurz MIO, aufbereitet. So werden medizinische Patientendaten standardisiert und einheitlich in der ePA abgelegt. MIO werden sukzessive eingeführt.
Praxisinfos
Infos und Materialien für die Praxis
Informationen und Videos zur elektronischen Patientenakte (ePA) finden Sie im Downloadcenter.
Datenpflege
Daten, die Ärztinnen und Ärzte ab 2025 einpflegen müssen
Daten zur Unterstützung des Medikationsprozesses:
- Daten des elektronischen Medikationsplans als MIO
- Daten zur Prüfung der Arzneimitteltherapiesicherheit als MIO
- Daten zu Laborbefunden
- Befunddaten aus bildgebender Diagnostik
- Befundberichte aus invasiven und chirurgischen sowie nichtinvasiven oder konservativen Maßnahmen
- elektronische Arztbriefe
- Ergebnisse genetischer Untersuchungen oder Analysen. Achtung: Diese Speicherung ist nur nach ausdrücklicher schriftlicher oder elektronischer Einwilligung des Patienten
zulässig.
Später sollen noch diese Daten folgen:
- elektronische Patientenkurzakte als MIO
- Laborbefunde als MIO
- Daten zu Hinweisen und zum Aufbewahrungsort von Erklärungen zu Organ- und Gewebespenden sowie Vorsorge- und Patientenvollmachten als MIO
- Daten zu Erklärungen zur Organ- und Gewebespende als MIO
Daten, die auf Wunsch des Patienten eingepflegt werden müssen
- Befunddaten, Diagnosen, durchgeführte und geplante Therapiemaßnahmen, Früherkennungsuntersuchungen, Behandlungsberichte und sonstige untersuchungs- und behandlungsbezogenen medizinischen Informationen
- elektronische Patientenkurzakte
- Daten zur pflegerischen Versorgung
- AU-Bescheinigungen
- Daten aus DMP-Programmen
- Daten zu Heilbehandlungen und Reha-Maßnahmen
- Daten zu Erklärungen zur Organ- und Gewebespende
- elektronische Abschriften der vom Arzt oder Psychotherapeuten geführten Patientenakte
Besondere Informationspflichten bei hochsensiblen Daten
Für hochsensible Daten, insbesondere zu sexuell übertragbaren Infektionen, psychischen Erkrankungen und Schwangerschaftsabbrüchen, gelten besondere Informationspflichten: Patienten können im unmittelbaren Behandlungskontext widersprechen, dass diese Daten in die ePA eingestellt werden. Ärzte müssen die Patienten auf das Recht zum Widerspruch hinweisen.
Der Widerspruch ist nachprüfbar in der Behandlungsdokumentation zu protokollieren. Für Ergebnisse von genetischen Untersuchungen oder Analysen im Sinne des Gendiagnostikgesetzes gilt: Diese dürfen in der ePA nur gespeichert werden, wenn der Patient explizit eingewilligt hat. Die Einwilligung muss ausdrücklich und schriftlich oder in elektronischer Form vorliegen.
So wird abgerechnet
Für das Erfassen, Verarbeiten und Speichern von Daten auf der ePA können Ärzte und Psychotherapeuten zurzeit folgende GOP abrechnen:
GOP 01647
GOP 01647: „Zusatzpauschale ePA-Unterstützungsleistung“ (1,79 Euro/15 Punkte)
- die GOP beinhaltet insbesondere die Erfassung und/oder Verarbeitung und/oder Speicherung medizinischer Daten aus dem aktuellen Behandlungskontext in der ePA
- sie wird als Zusatzpauschale zu den Versicherten-, Grund- und Konsiliarpauschalen sowie den Leistungen des Abschnitts 1.7 (ausgenommen in-vitro-diagnostische
Leistungen) gezahlt - sie ist einmal im Behandlungsfall (= Quartal) berechnungsfähig
- sie ist nicht berechnungsfähig, wenn im selben Behandlungsfall die Pauschale für die sektorenübergreifende Erstbefüllung (GOP 01648) abgerechnet wird. Details sind in der ePA-Erstbefüllungsvereinbarung geregelt.
GOP 01431
GOP 01431: „Zusatzpauschale elektronische Patientenakte zu den GOP 01430, 01435 und 01820“ (36 Cent/3 Punkte)
- die GOP wird als Zusatzpauschale zu den GOP 01430 (Verwaltungskomplex), 01435 (Haus-/Fachärztliche Bereitschaftspauschale) und 01820 (Rezepte, Überweisungen, Befundübermittlung) gezahlt
- sie umfasst Versorgungsszenarien mit ärztlichen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der ePA, in denen keine Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale berechnet wird
- sie ist höchstens viermal im Arztfall berechnungsfähig
- sie ist – mit Ausnahme der GOP 01430, 01435 und 01820 – im Arztfall nicht neben anderen GOP und nicht mehrfach an demselben Tag berechnungsfähig
GOP 01648
GOP 01648: „Zusatzpauschale ePA-Erstbefüllung“ (10,62 Euro / 89 Punkte)
- Eine sektorenübergreifende Erstbefüllung liegt vor, wenn noch keine Inhalte von einem Vertragsarzt, einem im Krankenhaus tätigen Arzt oder Psychotherapeuten oder einem
Zahnarzt in die ePA des Versicherten eingestellt worden sind. Eine Erstbefüllung kann auch dann noch vorliegen, wenn der Versicherte selbst bereits eigene Inhalte in die ePA
eingestellt hat. - Mit der Erstbefüllung sind keine vertragsärztlichen Beratungspflichten der Versicherten zur Funktionalität oder Nutzung der ePA verbunden.
- Die GOP ist im Behandlungsfall nicht neben der GOP 01647 „Zusatzpauschale ePA-Unterstützungsleistung“ sowie der GOP 01431 „Zusatzpauschale elektronische Patientenakte zu den GOP 01430, 01435 und 01820“ berechnungsfähig.
- Details sind in der ePA-Erstbefüllungsvereinbarung geregelt.
Gut zu wissen: Häufige Fragen zur ePA
Fragen & Antworten
Muss man ein schriftliches Einverständnis der Patienten/Patienteneltern zur Befüllung der ePA einholen oder reicht mündlich?
Eine Berechtigung für den Zugriff eines Arztes auf die ePA eines Patienten wird weder schriftlich noch mündlich erteilt. Der Patient verwaltet und vergibt Berechtigungen entweder über die entsprechende ePA-App seiner Krankenkasse oder über das Kartenterminal in der Praxis vor Ort unter Nutzung seiner elektronischen Gesundheitskarte und dem persönlichen PIN.
Was ändert sich für Psychotherapeuten durch die Einführung der elektronischen Patientenakte?
Psychotherapeuten sind ebenfalls verpflichtet, Daten aus dem aktuellen Behandlungskontext einzupflegen. Es wird sich in der Regel um Erkrankungen handeln, die eine stigmatisierende Wirkung haben können. Für solche Daten gelten besondere Informationspflichten. Das heißt: Der Psychotherapeut weist die Patienten ausdrücklich auf deren Widerspruchsmöglichkeiten hin und dokumentiert im Falle eines Widerspruchs dies ausdrücklich in seiner oder ihrer Behandlungsdokumentation.
Kann auf die Akte nur zugegriffen werden, wenn der Patient vor Ort ist oder auch noch später?
Der Zugriff eines Arztes auf eine Akte hängt nicht an der physischen Anwesenheit eines Patienten in der Praxis, sondern an der durch den Patienten erteilten Berechtigung. Solange eine Berechtigung durch einen Patienten für eine Praxis vorliegt, kann auf die Daten zugegriffen werden. Dies kann sowohl vor, während oder nach der Konsultation sein.
Müssen Patienten jedem einzelnen Dokument zustimmen, das hochgeladen wird?
Grundsätzlich sollten Versicherte Kenntnis davon haben, wenn ein Dokument hochgeladen wird, da dieses im Anschluss technisch für andere Zugriffsberechtigte einsehbar ist. Auch ist es empfehlenswert, dass Versicherte vorgehend informiert werden, um die Informationen in Dokumenten einordnen und verstehen zu können.
Dürfen Ärzte die Befüllung der ePA an MFAs delegieren?
Ja. Ärzte dürfen die Befüllung der ePA an eine Medizinische Fachangestellte delegieren.
Bleibt ein heruntergeladener Befund im Praxissystem auch wenn der Patient diesen aus der ePA löscht?
Ja. Die Dokumente, die in der ePA und im Praxisverwaltungssystem gespeichert werden, sind getrennte Dokumente. Löscht ein Patient ein Dokument in der ePA, von dem vorher in der Praxis eine Kopie heruntergeladen wurde, dann wird dieses Dokument ausschließlich in der ePA gelöscht.
Kann ein Arzt Dokumente in der ePA ändern?
Informationen innerhalb eines Dokumentes, welches hochgeladen wurde, können nicht geändert werden. Ein Arzt kann jedoch ein Dokument in einer aktualisierten oder korrigierten Version einstellen und ggf. fehlerhafte Dokumentversionen in Absprache mit dem Versicherten wieder aus der ePA löschen.
Muss die Arztpraxis dokumentieren, warum die Einsicht in die ePA notwendig war?
Nein, dazu ist die Arztpraxis nicht verpflichtet. Eine Notiz kann aber ratsam sein, wenn ein Dokument, auf das Versicherte hinweisen, nicht auffindbar ist
Wie werden psychiatrische Medikamente gehandhabt?
In der Medikationsliste werden in der ePA ab 2025 alle Arzneimittel angezeigt, die der Patient verschrieben bekommen hat. Wenn ein Patient nicht möchte, dass beispielsweise seine Medikamente zur Behandlung psychischer Erkrankungen sichtbar werden, kann er der Medikationsliste widersprechen – allerdings nur gesamthaft. Dann werden keine seiner Medikamente angezeigt.
Inwiefern können die ins Primärsystem der Praxis heruntergeladenen Befunde auch nach Ablauf der Zugriffsberechtigung gespeichert bzw. gelöscht werden?
Insofern einer Praxis eine durch den Patienten erteilte Berechtigung vorliegt, kann diese auf die in der ePA befindlichen Informationen zugreifen, diese lesen und auf seinem Praxisverwaltungssystem in Form einer Kopie lokal speichern. Sollte die Berechtigung auslaufen bzw. der Patient eine laufende Berechtigung entziehen, ist der Zugriff auf die Informationen in der ePA nicht mehr möglich. Die bereits lokal im Praxisverwaltungssystem gespeicherten Informationen stehen der Praxis weiterhin zur Verfügung, da er diese im Einverständnis des Patienten speichern durfte und der Patient über die Protokollfunktion seiner ePA darüber informiert wurde.