Ratgeber: Was Ärzte als Arbeitgeber zum Jahresende beachten müssen

Meldepflichten, Urlaubsansprüche oder Verjährung – zum Jahresende sind für Praxisinhaber verschiedene Aufgaben und Pflichten zu erfüllen und zu beachten. Rechtsanwältin Julia Schönfeld von der Kanzlei Göhmann Rechtsanwälte/Notare gibt einen Überblick.

Das Jahresende bedeutet für Ärzte als Praxisinhaber und Arbeitgeber oft eine zusätzliche „Arbeitswelle“, da verschiedene Aufgaben und Pflichten zum Jahresende zu erfüllen und zu beachten sind. 

Im Arbeitsrecht gibt es Regelungen, die Arbeitgeber zum Jahresende zu beachten haben. Diese stelle ich kurz wie folgt dar:

 

1. Verjährung

Auch im Arbeitsrecht gilt die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren. Ansprüche, die im Jahre 2020 entstanden sind und fällig waren, werden also spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2023 verjähren und damit erlöschen. Um ein Erlöschen der Ansprüche zu verhindern, muss die Verjährung unterbrochen bzw. gehemmt werden. 

Eine Hemmung der Verjährung tritt durch die Einleitung Rechtsverfolgungsmaßnahmen ein. Aber auch schwebende Verhandlungen über Ansprüche bzw. die diese begründenden Umstände hemmen die Verjährung.

Tatsächlich spielt die Verjährung im Arbeitsgericht allerdings selten eine Rolle, da viele Arbeitsverträge bereits eine sogenannte Ausschlussklausel / Verfallfrist enthalten, wonach Ansprüche ohnehin innerhalb von drei Monaten oder sechs Monaten geltend zu machen sind. Werden sie nicht geltend gemacht, sind die Ansprüche verfallen und damit ebenfalls nicht mehr durchsetzbar. 

Ist eine solche Klausel im Arbeitsvertrag nicht enthalten oder ist eine solche Regelung zwar enthalten, aber unwirksam vereinbart, weil z.B. die Frist zur Geltendmachung zu kurz ist, gilt für die Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag die Verjährungsfrist. Für Praxisinhaber in ihrer Funktion als Arbeitgeber ist die Verjährungsfrist aber in jedem Fall bei etwaigen Schadenersatzansprüchen gegenüber Beschäftigten zu beachten.

 

2. Urlaubsansprüche

Nach dem Bundesurlaubsgesetz ist der Urlaub im laufenden Kalenderjahr zu nehmen. Wird er in dem laufenden Kalenderjahr nicht genommen, geht er unter. 

Dieses gilt nicht, wenn ein Beschäftigter den Urlaub nicht nehmen konnte, da er beispielsweise längerfristig erkrankt war oder aber der Arbeitgeber dem Beschäftigten den Urlaub nicht erteilen konnte, da aufgrund von betrieblichen Belangen der Beschäftigte nicht „entbehrt“ werden konnte. 

Das Gesetz sieht vor, dass in diesen Ausnahmefällen der Urlaub noch bis zum 31. März des jeweiligen Folgejahres in Anspruch genommen werden kann. Anschließend ist dieser Urlaub dann vollständig verfallen. In einigen Tarifverträgen finden sich längere „Übertragungsfristen“.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Urlaub, der nicht in Anspruch genommen wurde, ohne dass hierfür ein Grund bestand, jedoch nur dann am Ende des Jahres untergehen, wenn der Arbeitgeber die Beschäftigten rechtzeitig auf den „Untergang“ hingewiesen hat. 

Konkret wird hier folgendes gefordert: Der Arbeitgeber muss die Beschäftigten vor Jahresende rechtzeitig in die Lage versetzt haben, ihren jeweiligen Urlaubsanspruch auch tatsächlich wahrzunehmen. Es ist daher vom Arbeitgeber vor Jahresende zu prüfen, welchen Beschäftigten noch welcher Urlaub zusteht und diese müssen darauf hingewiesen werden. Dieser Hinweis darf nicht erst drei Tage vor dem Jahresende erfolgen, sondern muss so rechtzeitig erfolgen, dass der jeweilige Mitarbeiter auch noch zeitlich die Möglichkeit hat, den Urlaub in Anspruch zu nehmen. 

Der Hinweis auf den bestehenden Resturlaub muss dokumentiert werden. Der Arbeitgeber muss in einem Streitfall beweisen können, dass er seine Mitarbeiter rechtzeitig auf den bestehenden Resturlaub hingewiesen hat. 

Nach der Rechtsprechung ist es dabei nicht ausreichend, auf die Angaben zu dem Urlaub in der Lohnabrechnung zu verweisen. Vielmehr bedarf es hier einer ausdrücklichen Mitteilung an die Beschäftigten, die diese auch entsprechend wahrnehmen können. 

Konkret muss der Hinweis folgendes enthalten: 

  • Die Anzahl der dem Beschäftigten zustehenden Urlaubstage (zum Zeitpunkt des Schreibens).
  • Die Aufforderung, den Jahresurlaub so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des laufenden Urlaubsjahres genommen werden kann und
  • eine Belehrung über die Konsequenzen, was passiert, wenn der Urlaub nicht entsprechend der Aufforderung beantragt wird. Es muss also eine Belehrung darüber erfolgen, dass der Urlaub dann „untergeht“. 

Die Belehrung kann auch digital also z.B. per E-Mail erfolgen. Bitte beachten Sie allerdings, dass das Absenden einer E-Mail noch nicht den Zugang der E-Mail beweist. Ein Versand per E-Mail sollte daher nur mit einer Lese- und Empfangsbestätigungsfunktion erfolgen. 

Besonderheiten gelten wiederum bei längerfristig erkrankten Beschäftigten:

Ist der Beschäftigte seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31. März des übernächsten Jahres arbeitsunfähig erkrankt, verfällt der Urlaub auch dann, wenn der Arbeitgeber keinen entsprechenden Hinweis erteilt hat. Es bedarf dann also keiner entsprechenden Mitteilung über den bestehenden Resturlaub. 

Aus unserer Sicht ist der Arbeitgeber also nur dann von der Pflicht befreit, wenn Sie tatsächlich positiv wissen, dass der Mitarbeiter auf keinen Fall mehr bis zum Ende des Jahres wieder gesund werden wird. Nur dann kann auf diesen Hinweis verzichtet werden.

Erkrankt der Beschäftigte aber erst im Laufe des Kalenderjahres und ist bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf den Urlaubsanspruch hingewiesen worden, kann der Urlaubsanspruch nicht verfallen. 

Bitte beachten Sie, dass dieser Hinweis auf die noch zu nehmenden Urlaubstage auch bereits zu Beginn des jeweiligen Kalenderjahres erfolgen kann. 

 

3. Meldungen an Finanzamt, Sozial- und Krankenversicherungen

Zum Jahreswechsel treffen den Arbeitgeber zudem verschiedene Meldepflichten.

  • Es ist für jeden am 31. Dezember eines Jahres in der Kranken-, Pflege-, Renten- oder Arbeitslosenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten sowie für jeden geringfügig entlohnten Beschäftigten eine Meldung bei den Krankenkassen zu erstatten. Diese Meldung ist bis zum 15.02. des Folgejahres erforderlich. 
  • Weiterhin hat bis spätestens zum 16. Februar des Folgejahres für alle Arbeitskräfte gemäß § 28a Absatz 2a SGB IV eine Meldung der jeweiligen Jahresentgelte an die gesetzliche Unfallversicherung (UV) zu erfolgen. Verstöße gegen die Meldepflicht stellen eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit Bußgeldern geahndet werden kann (§ 111 Abs. 4 SGB IV). 
  • Darüber hinaus hat der Arbeitgeber gemäß § 41b EStG am Ende des Kalenderjahres der zuständigen Finanzbehörde die elektronische Lohnsteuerbescheinigung für jeden seiner Beschäftigten zu übermitteln. Anschließend ist die Lohnsteuerbescheinigung auch an den Mitarbeiter zu senden; üblicherweise mit der Januar- oder Februar-Lohnabrechnung des Folgejahres.

 

4. Zielvereinbarungen

Soweit Arbeitgeber zusätzlich zum Festgehalt eine  variable Vergütung leisten, ist sie ggf. zum Ende des Jahres bzw. mit Beginn des kommenden Jahres auf der Grundlage der mit dem jeweiligen Beschäftigten getroffenen Vereinbarung zu prüfen.

Ziele sind rechtzeitig zu Beginn des neuen Bezugszeitraums im Rahmen einer Zielvereinbarung festzulegen. Sofern der Bezugszeitraum das Kalenderjahr ist, ist es jetzt an der Zeit, Ziele für 2024 festzulegen. Spätestens in den ersten Wochen des Jahres 2024 wird dies in der Regel abgeschlossen sein müssen. 

Werden keine Ziele vereinbart oder nur verspätet festgelegt, droht ein Schadenersatzanspruch des Beschäftigten wegen entgangener Bonuszahlung. Hier wird letztlich eine 100-prozentige Zielerreichung unterstellt werden müssen. Wichtig ist es daher, dass der Arbeitgeber nachweisen kann, dass er den Beschäftigten rechtzeitig über die Ziele informiert hat. Die Zustimmung des Beschäftigten ist dabei grundsätzlich nicht erforderlich, es sei denn, dass vereinbart ist, dass die Ziele einvernehmlich festgelegt werden. 

 

5. Weitere Fristabläufe

Weitere Fristabläufe zum Jahresende können spezielle Aufbewahrungspflichten betreffen, etwa von Personalunterlagen oder geschäftlichen Dokumenten.   

 

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