Enttäuschender Abschluss und Lauterbach-Desinteresse: Protestaktion #Praxenkollaps geht weiter

Mit einer Erhöhung des Orientierungswertes um 3,85 Prozent sind die Finanzierungsverhandlungen vergangene Woche abgeschlossen worden. Darüber hinaus hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nicht auf den Forderungskatalog der Ärzte und Psychotherapeuten geantwortet. Damit ist klar: Der Protest #Praxenkollaps wird intensiviert.

 

Abschluss der Finanzierungsverhandlungen

Der Erweiterte Bewertungsausschuss hat am 13. September eine Anhebung des Orientierungswertes für das Jahr 2024 um 3,85 Prozent beschlossen. Sowohl die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) als auch der GKV-Spitzenverband akzeptierten den Vorschlag des unparteiischen Vorsitzenden des Erweiterten Bewertungsausschusses. 

Die Verhandlungen zur Dynamisierung von Kostenpauschalen, zum Beispiel für Dialysen und Laboruntersuchungen, sowie über eine Vergütung des Mehraufwands von Arztpraxen infolge von Arzneimittelengpässen werden fortgeführt – ebenso zu den gestiegenen Hygienekosten bei ambulanten Operationen. Sie sollen Ende 2023 abgeschlossen sein.

Ein wichtiges Verhandlungsergebnis ist, dass künftig die Tarifsteigerungen der Medizinischen Fachangestellten schneller in den ärztlichen Honoraren abgebildet werden. Dadurch werden diese Kostensteigerungen im Orientierungswert ohne jahrelangen Verzug integriert.

Die Vorstände der KV Bremen, Dr. Bernhard Rochell und Peter Kurt Josenhans, kritisieren den Abschluss der Finanzierungsverhandlungen auf Bundesebene als unzureichend. „Damit liegt die Steigerung des Orientierungswertes nun im 15. Jahr in Folge unterhalb der Inflationsrate. Das ist nicht akzeptabel. Jedem sollte klar sein, dass das ambulante System nur mit Rationierung und Leistungskürzungen auf diesen Systemfehler reagieren kann.“ Für die Bremer KV-Vorstände ist der Abschluss Beweis genug, dass der Rahmen für die Finanzierungsverhandlungen einer Generalüberholung bedarf. „Wir können kein System akzeptieren, das die Verhandlungsführer der Ärzte und Psychotherapeuten in ein starres Regelungskorsett mit praktisch am Rücken festgebundenen Händen zwängt.“ 

 

Lauterbach-Reaktion auf Forderungskatalog 

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat die Frist zur Beantwortung des Forderungskataloges der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten ohne Antwort verstreichen lassen. Die Vertreterversammlung der KBV hat auf ihrer Sitzung am 15. September daraufhin einstimmig „weitere Maßnahmen, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen“ beschlossen. Damit wird die Kampagne #PraxenKollaps weitergeführt und intensiviert.

Für Empörung unter den Delegierten der Vertreterversammlung sorgte insbesondere ein Einspieler aus einer Pressekonferenz des Gesundheitsministers, in der er vorgibt, von den Forderungen nichts zu wissen und der Frist keine Beachtung schenkt. „Die Nicht-Antwort des Ministers spricht Bände und ist offen gesagt armselig. Sie bestätigt all unsere Befürchtungen, dass dieser Gesundheitsminister nicht nur ,auf dem ambulanten Auge’ blind ist, sondern offenkundig auch völlig taub für die Belange der Praxen“, stellte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen fest. Der Bundesgesundheitsminister zeige kein Interesse an einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der Selbstverwaltung und würde „sukzessive den Turn zur Staatsmedizin mit der Brechstange“ vollziehen.

In selten erlebter Eintracht votierten die Delegierten der KBV-Vertreterversammlung für einen Antrag, der weitere Maßnahmen im Rahmen der Protestaktion #PraxenKollaps in naher Zukunft vorsieht.

Die KV Bremen wird zeitnah über konkrete Schritte informieren.

 

#PraxenKollaps: Niedergelassene kämpfen für Zukunft der ambulanten Versorgung 

Klare Forderungen an die Politik hat am 18. August die Ärzte- und Psychotherapeutenschaft verabschiedet. Auf einer Krisensitzung in Berlin stellten Hunderte Niedergelassene – darunter die Delegierten der Vertreterversammlungen der KBV und der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen – klar, dass es so nicht weitergehen kann. Die Politik und insbesondere Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sind nun aufgefordert, die Forderungen umzusetzen. 

Das sind die Forderungen der Praxen an die Politik: 

  1. Tragfähige Finanzierung: Retten Sie die Praxen aus den faktischen Minusrunden und sorgen Sie für eine tragfähige Finanzierung, die auch in der ambulanten Gesundheitsversorgung insbesondere Inflation und Kostensteigerungen unmittelbar berücksichtigt!
  2. Abschaffung der Budgets: Beenden Sie die Budgetierung, damit auch Praxen endlich für alle Leistungen bezahlt werden, die sie tagtäglich erbringen!
  3. Ambulantisierung: Setzen Sie die angekündigte Ambulantisierung jetzt um – mit gleichen Spielregeln für Krankenhäuser und Praxen!
  4. Sinnvolle Digitalisierung: Lösen Sie mit der Digitalisierung bestehende Versorgungsprobleme. Sorgen Sie für nutzerfreundliche und funktionstüchtige Technik sowie die entsprechende Finanzierung, und belassen Sie die datengestützte Patientensteuerung in ärztlichen und psychotherapeutischen Händen!
  5. Mehr Weiterbildung in Praxen: Stärken Sie die ärztliche und psychotherapeutische Weiterbildung! Diese muss – um medizinisch und technisch auf dem aktuellen Stand zu sein – schwerpunktmäßig ambulant stattfinden. Beziehen Sie auch hier die niedergelassene Vertragsärzte- und Psychotherapeutenschaft ein!
  6. Weniger Bürokratie: Schnüren Sie das angekündigte Bürokratieabbaupaket, damit wieder die Medizin im Vordergrund steht und nicht der „Papierkram“!
  7. Keine Regresse: Schaffen Sie die medizinisch unsinnigen Wirtschaftlichkeitsprüfungen ab! Die Arzneimittelregresse müssen weg!

Der Forderungskatalog mitsamt Lösungsvorschlägen wurde an den Minister übermittelt. Er wird aufgefordert, bis zum 13. September zu den einzelnen Forderungen Stellung zu beziehen und konkrete Umsetzungsschritte zu benennen. 
Forderungskatalog mit Lösungsvorschlägen

Die KBV-Vertreterversammlung hat den Forderungskatalog einstimmig verabschiedet. Per Akklamation signalisierten alle Teilnehmenden ihre Zustimmung. Zur Krisensitzung waren auch die Mitglieder der 17 regionalen Vertreterversammlungen, der beratenden Fachausschüsse der KBV, Vertreter der Berufsverbände sowie Ärztinnen, Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten aus den Praxen eingeladen. 

 

Ausschnitt: Dr. Stefan Trapp, KV Bremen – Beitrag aus Bremen zur Bedeutung der MFA für die ambulante Versorgung

Ausschnitt: Dr. Stephan Hofmeister, Kassenärztliche Bundesvereinigung – Abschluss-Appell

Pressemitteilungen

KV Bremen unterstützt MFA-Protestaktion

29.08.2023 | 

KV Bremen unterstützt Protestaktion der Medizinischen Fachangestellten am 8. September in Berlin

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Bremen unterstützt die Protestaktion der Medizinischen Fachangestellten (MFA) am 8. September vor dem Brandenburger Tor in Berlin und empfiehlt den niedergelassenen Ärzten in Bremen und Bremerhaven, ihren Praxisangestellten eine Teilnahme zu ermöglichen. 

Der Verband medizinischer Fachberufe e.V. (vmf) fordert mit der Aktion unter anderem Änderungen in der Finanzierung des ambulanten Gesundheitswesens, die angemessene Gehälter für die MFA in den ärztlichen Praxen ermöglichen. „Wir ziehen am selben Strang. Denn ohne MFA lässt sich keine Arztpraxis betreiben. Eine Wertschätzung ihres enormen Engagements in der Patientenversorgung ist überfällig“, betonen die Vorstände der KV Bremen Dr. Bernhard Rochell und Peter Kurt Josenhans.  

Die chronische Unterfinanzierung der ambulanten medizinischen Versorgung führt dazu, dass Praxisinhaber zunehmend Schwierigkeiten haben, MFA zu finanzieren, so dass viele von ihnen von den durch staatliche Hilfen bevorzugten Krankenhäusern abgeworben wurden. Das belegt eindrucksvoll eine aktuelle Umfrage der KV Bremen unter niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten in Bremen und Bremerhaven, wonach fast die Hälfte der Befragten beklagen, dass ihnen aktiv MFA abgeworben wurden. Ein Viertel der Praxischefs haben in den vergangenen zwölf Monaten trotz intensiver Bemühungen keine MFA einstellen können.

 

#Praxenkollaps: Digitalisierung muss funktionieren

28.08.2023 | 

#Praxenkollaps: Digitalisierung in den Praxen muss funktionieren – Plug-and-Play statt Plug-and-Pray!

Der aktuell große Frust in den Praxen von niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten liegt auch an unausgereiften digitalen Anwendungen, die mit finanziellen Sanktionen zwangseingeführt werden. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Bremen fordert eine neue Digitalisierungsstrategie, die die Erprobung von neuen Anwendungen in Modellregionen, das Ende der Sanktionen gegen Praxen sowie eine angemessene Gegenfinanzierung beinhaltet.

„Um eines vorneweg zu sagen: Die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten sind keine Digitalisierungsverweigerer. Sie wollen Motor der Entwicklung sein. Aber nicht so!“, betonen die Vorstände der KV Bremen Dr. Bernhard Rochell und Peter Kurt Josenhans. 

Bisher haben digitale Anwendungen wie Stammdatenabgleich oder die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hauptsächlich bei Krankenkassen und Arbeitgebern für effizientere Verwaltungsabläufe gesorgt und damit zu Einsparungen in Millionenhöhe geführt. Der Arbeitsaufwand liegt allerdings vor allem in den Praxen, die darüber hinaus auch viele technische Hürden nehmen müssen. „Die Digitalisierungsstrategie der Bundesregierung bedeutet für die Praxen Plug-and-Pray statt Plug-and-Play“, bringen es die Bremer KV-Vorstände auf den Punkt. 

Neue Tools wie die elektronische Patientenakte (ePA) und der elektronische Medikationsplan gehen über die reine Verwaltung hinaus und unterstützen Diagnostik und Therapie. Doch damit solche Anwendungen ein Erfolg werden können, braucht es klare Rahmenbedingungen. Diese Rahmenbedingungen sind aus Sicht der KV Bremen:

1.    Erprobung aller digitalen Anwendungen (Hard- und Software) in Modellregionen
2.    Sofortiges Einstellen von Strafandrohungen und Sanktionen
3.    Auskömmliche Finanzierung zum Beispiel über eine Quartalspauschale

Seit 2020 wird Praxen, die nicht an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sind, 2,5 Prozent ihres Honorars abgezogen. Bei der Einführung des eRezepts wird nun erneut mit Strafen gedroht: Praxen, die es nicht ausstellen können, drohen ein Prozent Honorarabzug und die Halbierung der TI-Pauschalen, die die Technik in den Praxen finanzieren soll.

Hintergrund: „PraxenKollaps – Praxis weg, Gesundheit weg!“ – Bundesweite Aktion der Kassenärztlichen Vereinigungen

Die KV Bremen hat diese Pressemitteilung im Rahmen der bundesweiten Aktion aller Kassenärztlichen Vereinigungen unter dem Titel „PraxenKollaps – Praxis weg. Gesundheit weg!“ veröffentlicht. Hintergrund sind die Finanzierungsverhandlungen auf Bundesebene. Höhepunkt der Aktion war  am 18. August eine gemeinsame Krisensitzung der Vertreterversammlungen aller Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Berlin.

 

 

#Praxenkollaps: Forderungskatalog gestellt

21.08.2023 | 

#Praxenkollaps: Ärzte und Psychotherapeuten stellen Forderungskatalog

Klare Forderungen an die Politik hat am 18. August die Ärzte- und Psychotherapeutenschaft verabschiedet. Auf einer Krisensitzung in Berlin stellten Hunderte Niedergelassene – darunter die Delegierten der Vertreterversammlungen der KBV und der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen – klar, dass es so nicht weitergehen kann. Die Politik und insbesondere Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sind nun aufgefordert, die Forderungen umzusetzen. 

„Es ist fünf vor zwölf – die Praxen in Deutschland arbeiten längst über dem Limit. Deshalb fordern wir die Politik auf: Halten Sie Ihre Versprechen und handeln Sie endlich! Verhindern Sie das Aus der ambulanten Versorgung“, machte der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen deutlich. Unter den gegebenen Rahmenbedingungen seien immer weniger Menschen bereit, in einer Praxis zu arbeiten. „Wenn sich nicht bald etwas ändert, geht in den Praxen das Licht aus“, prophezeite der KBV-Chef. Entsprechend habe man sich nun direkt an die Politik gewandt.

Die Vorstände der KV Bremen kritisieren unter anderem die Polemik der Krankenkassen im Vorfeld der Finanzierungsverhandlungen: „Es ist blanker Hohn, wenn die Kassen die Ärzteschaft als raffgierig diskreditieren und ein Angebot vorlegen, welches im 15. Jahr in Folge bedeuten würde, dass die ambulante Medizin unterhalb der Inflationsrate finanziert wird. Es ist kein Wunder, dass für viele Niedergelassene angesichts der vielen Nackenschläge nun das Fass überläuft.“ 

Das sind die Forderungen der Praxen an die Politik: 

  1. Tragfähige Finanzierung: Retten Sie die Praxen aus den faktischen Minusrunden und sorgen Sie für eine tragfähige Finanzierung, die auch in der ambulanten Gesundheitsversorgung insbesondere Inflation und Kostensteigerungen unmittelbar berücksichtigt!
  2. Abschaffung der Budgets: Beenden Sie die Budgetierung, damit auch Praxen endlich für alle Leistungen bezahlt werden, die sie tagtäglich erbringen!
  3. Ambulantisierung: Setzen Sie die angekündigte Ambulantisierung jetzt um – mit gleichen Spielregeln für Krankenhäuser und Praxen!
  4. Sinnvolle Digitalisierung: Lösen Sie mit der Digitalisierung bestehende Versorgungsprobleme. Sorgen Sie für nutzerfreundliche und funktionstüchtige Technik sowie die entsprechende Finanzierung, und belassen Sie die datengestützte Patientensteuerung in ärztlichen und psychotherapeutischen Händen!
  5. Mehr Weiterbildung in Praxen: Stärken Sie die ärztliche und psychotherapeutische Weiterbildung! Diese muss – um medizinisch und technisch auf dem aktuellen Stand zu sein – schwerpunktmäßig ambulant stattfinden. Beziehen Sie auch hier die niedergelassene Vertragsärzte- und Psychotherapeutenschaft ein!
  6. Weniger Bürokratie: Schnüren Sie das angekündigte Bürokratieabbaupaket, damit wieder die Medizin im Vordergrund steht und nicht der „Papierkram“!
  7. Keine Regresse: Schaffen Sie die medizinisch unsinnigen Wirtschaftlichkeitsprüfungen ab! Die Arzneimittelregresse müssen weg!

Der Forderungskatalog mitsamt Lösungsvorschlägen wurde an den Minister übermittelt. Er wird aufgefordert, bis zum 13. September zu den einzelnen Forderungen Stellung zu beziehen und konkrete Umsetzungsschritte zu benennen. 
Forderungskatalog mit Lösungsvorschlägen

Die KBV-Vertreterversammlung hat den Forderungskatalog einstimmig verabschiedet. Per Akklamation signalisierten alle Teilnehmenden ihre Zustimmung. Zur Krisensitzung waren auch die Mitglieder der 17 regionalen Vertreterversammlungen, der beratenden Fachausschüsse der KBV, Vertreter der Berufsverbände sowie Ärztinnen, Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten aus den Praxen eingeladen. 

Hintergrund: „PraxenKollaps – Praxis weg, Gesundheit weg!“ – Bundesweite Aktion der Kassenärztlichen Vereinigungen

Die KV Bremen hat diese Pressemitteilung im Rahmen der bundesweiten Aktion aller Kassenärztlichen Vereinigungen unter dem Titel „PraxenKollaps – Praxis weg. Gesundheit weg!“ veröffentlicht. Hintergrund sind die Finanzierungsverhandlungen auf Bundesebene. Höhepunkt der Aktion war  am 18. August eine gemeinsame Krisensitzung der Vertreterversammlungen aller Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Berlin.

 

#PraxenKollaps: Krisensitzung am Freitag in Berlin im Livestream

16.08.2023 |

#PraxenKollaps: Krisensitzung am Freitag in Berlin im Livestream verfolgen – Auch Bremer sind vor Ort

Ärzte und Psychotherapeuten schlagen Alarm: Das ambulante System steht auf dem Spiel! Deshalb versammeln sich Hunderte Vertreter der Niedergelassenen aus ganz Deutschland an diesem Freitag in Berlin zu einer Krisensitzung. Auch Vertreter aus Bremen und Bremerhaven sind vor Ort. Interessierte können die Sitzung über einen Livestream verfolgen.  

Gemeinsam möchten die Vertreterinnen und Vertreter der Vertragsärzte- und -psychotherapeutenschaft klare Forderungen an die Politik adressieren. Die Bundesregierung und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sollen an die zahlreichen nicht eingehaltenen Versprechen erinnert werden, die gegeben wurden, um die ambulante Versorgung zu stärken. Dazu gehören Themen wie Entbudgetierung, Digitalisierung oder Bürokratieabbau. Zugleich wollen die Niedergelassenen aber auch Vorschläge liefern und Ansätze aufzeigen, wie der Misere entgegnet werden kann.

„Häufig ist bei dem einen oder anderen Ereignis in der Politik die Rede von einer Zeitenwende. Eine solche droht auch dem ambulanten System – und zwar zum Schlechten. Denn die Praxen in Deutschland stehen vor dem Kollaps“, sagt Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Der Frust der Kolleginnen und Kollegen sei groß. Seit Jahren werde das ambulante System kaputtgespart. Den Praxen fehle zunehmend Personal. Für junge Medizinerinnen und Mediziner werde die Praxis immer unattraktiver. „Politik muss klar sein: Die Zukunft der wohnortnahen, flächendeckenden ambulanten Versorgung durch Ärzte und Psychotherapeuten ist akut gefährdet – und damit die von Patientinnen und Patienten gewohnte und geschätzte hochwertige Versorgung“, warnt der KBV-Chef.

Unter dem Motto „#PraxenKollaps – Praxis weg, Gesundheit weg“ haben die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) bereits eine bundesweite Protestaktion gestartet. Vorläufiger Höhepunkt wird die Krisensitzung der KBV-Vertreterversammlung in Berlin sein, zu der unter anderem auch die Mitglieder der 17 regionalen Vertreterversammlungen der KVen, Vertreter der Berufsverbände sowie Ärzte und Psychotherapeuten aus den Praxen erwartet werden. Die Veranstaltung ist öffentlich und beginnt am Freitag, 18. August 2023, um 11 Uhr im JW Marriott Hotel in Berlin (Stauffenbergstraße 25).

Die Krisensitzung und die Pressekonferenz im Anschluss (ab 13.15 Uhr) sind unter folgender Adresse im Livestream zu verfolgen:
https://www.kbv.de/html/praxenkollaps.php

#PraxenKollaps: Umfrage belegt, MFA kehren Praxen den Rücken

14.08.2023 |

PraxenKollaps: Umfrage belegt, Medizinische Fachangestellte kehren Praxen den Rücken

Die schlechten Rahmenbedingungen in der ambulanten Medizin führen zu einer Abwanderung von Medizinischen Fachangestellten (MFA). Das belegt eine Umfrage der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bremen unter ihren Mitgliedern anlässlich der bundesweiten Aktion #PraxenKollaps. Demnach sind in annähernd jeder zweiten Praxis in Bremen und Bremerhaven MFA von anderen Einrichtungen abgeworben worden. 

Die wesentlichen Ergebnisse der Umfrage:

  • Fast die Hälfte der befragten Praxen gab an, dass ihnen schon MFA aktiv abgeworben wurden! (47,2 Prozent)
  • In knapp der Hälfte der befragten Praxen werden MFA bereits übertariflich vergütet! (48,9 Prozent), die übrigen Praxen vergüten nach MFA-Tarif oder in Anlehnung an diesen.
  • Knapp ein Viertel der Befragten (24,7 Prozent), die MFA-Stellen ausgeschrieben haben, haben keine einzige (!) freie MFA-Stelle in den letzten 12 Monaten besetzen können.
  • Eine deutliche Mehrheit der Befragten gibt an, dass sie Patienten auf längere Wartezeiten einstellen müssen (75,6 Prozent) bzw. die Praxen der Befragten ihr Angebot herunterfahren werden (72,2 Prozent).
  • Mehr als die Hälfte der befragten Ärzte/Psychotherapeuten müssen bereits jetzt selbst anderweitig nichterledigte MFA-Tätigkeiten übernehmen (57,8 Prozent).

„Im Wettstreit mit Kliniken, Krankenkassen und anderen großen Medizineinrichtungen um die wenigen Fachkräfte haben Praxen das Nachsehen. Weil die ambulante Medizin seit Jahren chronisch unterfinanziert ist, können niedergelassene Ärzte nicht mithalten, obwohl sie sich schon sehr strecken“, fassen die Vorstände der KV Bremen Dr. Bernhard Rochell und Peter Kurt Josenhans das wesentliche Ergebnis der Umfrage zusammen. Die Tätigkeiten der fehlenden MFA werden teilweise durch fachfremdes Personal oder die Ärzte selbst übernommen werden. Ein weiterer Aspekt: Praxisteams erhalten von politischer Seite nicht die ihnen gebührende Wertschätzung, was sich zum Beispiel konkret dadurch zeigt, dass ihnen der gesetzliche Coronabonus mehrere Male vorenthalten wurde. 

Die desaströse Sparpolitik in der ambulanten Medizin trägt entscheidend zum Fachkräftemangel bei. „Ohne Turnaround werden reduzierte Öffnungszeiten und Leistungskürzungen kaum zu vermeiden sein“, stellen die Bremer KV-Vorstände fest. „Der ambulante Bereich braucht dringend eine angemessene Finanzierung, Planbarkeit und Verlässlichkeit. Wenn sich nicht schnellstens etwas ändert, gehen wir mit der ambulanten Versorgung zunehmend in die Mangelverwaltung. Die Politik darf die Augen nicht länger davor verschließen, dass die Rahmenbedingungen in der ambulanten Versorgung dringend verbessert werden müssen, um die vorhandenen Strukturen zu festigen und mindestens den Status quo aufrechtzuerhalten.“

Die Umfrage ist vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) durchgeführt und wissenschaftlich begleitet worden. Eine ausführliche Zusammenfassung ist online abrufbar.

Hintergrund: „PraxenKollaps – Praxis weg, Gesundheit weg!“ – Bundesweite Aktion der Kassenärztlichen Vereinigungen

Die KV Bremen hat diese Pressemitteilung im Rahmen der bundesweiten Aktion aller Kassenärztlichen Vereinigungen unter dem Titel „PraxenKollaps – Praxis weg. Gesundheit weg!“ veröffentlicht. Hintergrund sind die Finanzierungsverhandlungen auf Bundesebene. Höhepunkt der Aktion wird am 18. August eine gemeinsame Krisensitzung der Vertreterversammlungen aller Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Berlin sein. Es werden ärztliche und psychotherapeutische Vertreterinnen und Vertreter aus ganz Deutschland erwartet.

Prägnante Aussagen aus der Umfrage: 

„Meine fertig ausgebildete MFA wurde abgeworben. Eine neue Bewerberin zur Ausbildung wurde angenommen. Aber wir bilden nicht 3 Jahre aus, um dann die MFA abzugeben. Somit lohnt sich Ausbildung nicht für die Praxis.“ 

„Es ist sehr frustrierend, wenn man viel Zeit und Engagement in die Ausbildung legt und kaum, dass das Examen vollzogen ist, die frisch gebackenen MFAs von diversen Stellen (Krankenkassen, Pflegedienste, Krankenhäusern, MVZs etc.) wegen besserer Verdienstmöglichkeiten abgeworben werden.“

„Kernproblem des MFA-Mangels ist – neben der schlechten Verfügbarkeit von Personal – die begrenzten wirtschaftlichen Möglichkeiten ihrer Arbeitgeber, um die Arbeitsplätze in vielerlei Hinsicht attraktiv zu halten.“

„Es bedarf dringend einer Nachsteuerung der Finanzierung des ambulanten Sektors. Es kann und darf nicht sein, dass sich alles nur um den stationären Sektor dreht, in den massiv Geld fließt.“

„MFA werden nach wie vor in der Öffentlichkeit nicht als tragende Säule gesehen im Vergleich zu Krankenhauspersonal. Sie werden übelst beleidigt und ihre Kompetenzen täglich von Patienten in Frage gestellt. Sie werden bei der Bezahlung von Prämien (Coronabonus, Inflationsausgleichsprämie) nicht in gleichem Maße berücksichtigt wie Krankenschwestern und Pfleger.“

#PraxenKollaps: Warnruf

07.08.2023 |

#PraxenKollaps: Warnruf der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten - Flächendeckende ambulante Versorgung ist in Gefahr

Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Bremen und Bremerhaven stehen unter einem enormen Kostendruck. Steigende Praxis-, Personal- und Investitionskosten machen den Betrieb einer Praxis immer schwieriger. Eine Inflationsrate von aktuell mehr als sechs Prozent lässt die Ausgaben weiter massiv in die Höhe schnellen, nachdem es bereits 2021 (+3,1 Prozent) und 2022 (6,9 Prozent) starke Anstiege gab. Eine ausreichende Gegenfinanzierung ist wegen der gedeckelten Arzthonorare nicht mehr möglich. 

„Die Praxen können die gestiegenen Kosten nicht über höhere Preise ausgleichen, sondern müssen sie aus der eigenen Tasche bezahlen. Einnahmen und Ausgaben klaffen immer weiter auseinander“, erklären die Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bremen Dr. Bernhard Rochell und Peter Kurt Josenhans anlässlich der heute startenden bundesweiten Aktion aller Kassenärztlichen Vereinigungen unter dem Motto „PraxenKollaps – Praxis weg! Gesundheit weg!“.

„Die Stimmung bei Ärztinnen und Ärzten und dem Praxispersonal ist auf dem Tiefpunkt angelangt. Für junge Medizinerinnen und Mediziner wird die ambulante Versorgung zunehmend unattraktiver. Medizinische Fachangestellte verlassen die Praxen in Richtung Krankenhäuser, weil sie dort besser verdienen. Das Bundesgesundheitsministerium und die Krankenkassen müssen jetzt dringend handeln, da sonst eine flächendeckende ambulante Patientenversorgung nicht mehr gewährleistet werden kann“, so die KV-Vorstände.

In den im August anstehenden Finanzierungsverhandlungen zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Krankenkassen müsse daher eine deutliche Steigerung des Orientierungswertes und damit der Preise für alle ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen erzielt werden. Aus Sicht der Bremer KV-Vorstände  müsse Schluss sein mit den „ritualisierten Nullrunden-Forderungen der Krankenkassen“. Durch die geringen Steigerungsraten in der Vergangenheit verschärfe sich außerdem das Ungleichgewicht zwischen den Gehaltssteigerungen eines Oberarztes am Krankenhaus und den Arztlöhnen in der Niederlassung.

Sollten die Krankenkassen nicht bereit sein, Verantwortung für ihre Versicherten zu übernehmen und ausreichend Geld für die ambulante Versorgung zur Verfügung zu stellen, werde sich die schwierige wirtschaftliche Lage der Praxen weiter verschlechtern. Dann sei letztlich zu überlegen, wie das Leistungsangebot für die Versicherten dem finanziellen Rahmen angepasst werden könne.

 

Hintergrund: „PraxenKollaps – Praxis weg, Gesundheit weg!“ – Bundesweite Aktion der Kassenärztlichen Vereinigungen
Die KV Bremen hat diese Pressemitteilung im Rahmen der bundesweiten Aktion aller Kassenärztlichen Vereinigungen unter dem Titel „PraxenKollaps – Praxis weg. Gesundheit weg!“ veröffentlicht. Heute und in den nächsten Wochen werden bundesweit alle KVen themengleiche Pressemitteilungen in ihren Bundesländern veröffentlichen, um auf die akut gefährdete Situation der ambulanten Versorgung aufmerksam zu machen. Hintergrund sind die Finanzierungsverhandlungen auf Bundesebene, die am 9. August starten.
Höhepunkt der Aktion wird am 18. August eine gemeinsame Krisensitzung der Vertreterversammlungen aller Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Berlin sein. Es werden ärztliche und psychotherapeutische Vertreterinnen und Vertreter aus ganz Deutschland erwartet.

Dr. Bernhard Rochell

Vorstandsvorsitzender


Peter Kurt Josenhans

Stv. Vorstandsvorsitzender


Christoph Fox

Leitung Kommunikation und Vorstandsangelegenheiten