Die wesentlichen Ergebnisse der Umfrage:
- Fast die Hälfte der befragten Praxen gab an, dass ihnen schon MFA aktiv abgeworben wurden! (47,2 Prozent)
- In knapp der Hälfte der befragten Praxen werden MFA bereits übertariflich vergütet! (48,9 Prozent), die übrigen Praxen vergüten nach MFA-Tarif oder in Anlehnung an diesen.
- Knapp ein Viertel der Befragten (24,7 Prozent), die MFA-Stellen ausgeschrieben haben, haben keine einzige (!) freie MFA-Stelle in den letzten 12 Monaten besetzen können.
- Eine deutliche Mehrheit der Befragten gibt an, dass sie Patienten auf längere Wartezeiten einstellen müssen (75,6 Prozent) bzw. die Praxen der Befragten ihr Angebot herunterfahren werden (72,2 Prozent)
- Mehr als die Hälfte der befragten Ärzte/Psychotherapeuten müssen bereits jetzt selbst anderweitig nichterledigte MFA-Tätigkeiten übernehmen (57,8 Prozent).
„Im Wettstreit mit Kliniken, Krankenkassen und anderen großen Medizineinrichtungen um die wenigen Fachkräfte haben Praxen das Nachsehen. Weil die ambulante Medizin seit Jahren chronisch unterfinanziert ist, können niedergelassene Ärzte nicht mithalten, obwohl sie sich schon sehr strecken“, fassen die Vorstände der KV Bremen Dr. Bernhard Rochell und Peter Kurt Josenhans das wesentliche Ergebnis der Umfrage zusammen. Die Tätigkeiten der fehlenden MFA werden teilweise durch fachfremdes Personal oder die Ärzte selbst übernommen werden. Ein weiterer Aspekt: Praxisteams erhalten von politischer Seite nicht die ihnen gebührende Wertschätzung, was sich zum Beispiel konkret dadurch zeigt, dass ihnen der gesetzliche Coronabonus mehrere Male vorenthalten wurde.
Die desaströse Sparpolitik in der ambulanten Medizin trägt entscheidend zum Fachkräftemangel bei. „Ohne Turnaround werden reduzierte Öffnungszeiten und Leistungskürzungen kaum zu vermeiden sein“, stellen die Bremer KV-Vorstände fest. „Der ambulante Bereich braucht dringend eine angemessene Finanzierung, Planbarkeit und Verlässlichkeit. Wenn sich nicht schnellstens etwas ändert, gehen wir mit der ambulanten Versorgung zunehmend in die Mangelverwaltung. Die Politik darf die Augen nicht länger davor verschließen, dass die Rahmenbedingungen in der ambulanten Versorgung dringend verbessert werden müssen, um die vorhandenen Strukturen zu festigen und mindestens den Status quo aufrechtzuerhalten.“
Die Umfrage ist vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) durchgeführt und wissenschaftlich begleitet worden. Eine ausführliche Zusammenfassung ist online abrufbar.
Hintergrund: „PraxenKollaps – Praxis weg, Gesundheit weg!“ – Bundesweite Aktion der Kassenärztlichen Vereinigungen
Die KV Bremen hat diese Pressemitteilung im Rahmen der bundesweiten Aktion aller Kassenärztlichen Vereinigungen unter dem Titel „PraxenKollaps – Praxis weg. Gesundheit weg!“ veröffentlicht. Hintergrund sind die Finanzierungsverhandlungen auf Bundesebene. Höhepunkt der Aktion wird am 18. August eine gemeinsame Krisensitzung der Vertreterversammlungen aller Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Berlin sein. Es werden ärztliche und psychotherapeutische Vertreterinnen und Vertreter aus ganz Deutschland erwartet.
Prägnante Aussagen aus der Umfrage:
„Meine fertig ausgebildete MFA wurde abgeworben. Eine neue Bewerberin zur Ausbildung wurde angenommen. Aber wir bilden nicht 3 Jahre aus, um dann die MFA abzugeben. Somit lohnt sich Ausbildung nicht für die Praxis.“
„Es ist sehr frustrierend, wenn man viel Zeit und Engagement in die Ausbildung legt und kaum, dass das Examen vollzogen ist, die frisch gebackenen MFAs von diversen Stellen (Krankenkassen, Pflegedienste, Krankenhäusern, MVZs etc.) wegen besserer Verdienstmöglichkeiten abgeworben werden.“
„Kernproblem des MFA-Mangels ist – neben der schlechten Verfügbarkeit von Personal – die begrenzten wirtschaftlichen Möglichkeiten ihrer Arbeitgeber, um die Arbeitsplätze in vielerlei Hinsicht attraktiv zu halten.“
„Es bedarf dringend einer Nachsteuerung der Finanzierung des ambulanten Sektors. Es kann und darf nicht sein, dass sich alles nur um den stationären Sektor dreht, in den massiv Geld fließt.“
„MFA werden nach wie vor in der Öffentlichkeit nicht als tragende Säule gesehen im Vergleich zu Krankenhauspersonal. Sie werden übelst beleidigt und ihre Kompetenzen täglich von Patienten in Frage gestellt. Sie werden bei der Bezahlung von Prämien (Coronabonus, Inflationsausgleichsprämie) nicht in gleichem Maße berücksichtigt wie Krankenschwestern und Pfleger.“