Warnhinweis zur Verordnung von Pregabalin

Anlässlich des zunehmenden missbräuchlichen Einsatzes des Medikaments Pregabalin weist die Qualitätssicherungskommission „Substitution“ bei der KV Bremen auf einige Gesichtspunkte bei der Verordnung von Pregabalin hin.

Zum Hintergrund: In zunehmendem Umfang wird das Medikament Pregabalin ohne entsprechende Indikation verordnet und seit Jahren in wachsendem Ausmaß missbräuchlich eingesetzt. Speziell in der Drogenszene bzw. bei Substituierten hat der Konsum von Pregabalin den früheren Stellenwert von Flunitrazepam erreicht. Auch in Bremen und Bremerhaven ist die Zahl der Verordnungen stark angestiegen.

Zugelassen ist Pregabalin bei Epilepsie, neuropathischen Schmerzen und der Generalisierten Angststörung. Die Wirkung besteht in einer Absenkung der neuronalen Erregbarkeit. Durch eine Blockade der Calciumkanäle wird die Freisetzung von Glutamat, Noradrenalin und der schmerzvermittelnden Substanz P reduziert. Klinisch wirkt es entspannend, euphorisierend und sedierend, worauf das Missbrauchspotenzial der Substanz zurückzuführen ist. Zusätzlich kommt es oft zu einer massiven Gewichtszunahme (bis zu 40 kg in einem Jahr). 

Die Anzahl der Verordnungen hat in den letzten Jahren stark zugenommen, laut Arzneiverordnungsreport 2020 von 37 Mio. DDD in 2008 vs. 117 Mio. DDD in 2019. Bereits 2011 und dann wieder 2020 hat die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft auf das Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial von Pregabalin hingewiesen.  In der Folge wurden auch diesbezügliche Warnhinweise in die Fachinformation aufgenommen. 

Die zugelassene Tageshöchstdosis beträgt 600mg/d. Missbräuchlich werden auf der Drogenszene bis zu 7500 mg/d konsumiert, oft als Mischkonsum zusammen mit Opiaten, Alkohol, Kokain, Benzodiazepinen (zunehmend häufig Clonazepam) und anderen Suchtstoffen. Dies kann zu lebensbedrohlichen Mischintoxikationen bis hin zu Todesfällen führen. 

In Anbetracht dieser Umstände sollten folgende Gesichtspunkte bei der Verordnung von Pregabalin beachtet werden:

  1. Klare Indikationsstellung (unter Abwägung von geeigneteren Alternativen ohne Suchtpotenzial)
  2. Aufklärung aller Pat. über das Missbrauchs-, Sucht- und Risikopotenzial 
  3. Einhaltung der Tageshöchstdosis von 600mg/d
  4. Ggfs. einschleichende Dosierung (gerade ältere Pat. kommen mit Dosierungen zwischen ca. 100 bis 200mg/d bereits gut zurecht)
  5. Keine Verordnung bei Erstkontakten; ggfs. Rücksprache mit den Vorbehandlern, keine Notfallverordnungen am Freitagnachmittag. Im Vertretungsfall kleinste Packungsgröße unter Beachtung der Tageshöchstdosis 
  6. Keine Verordnung bei Hinweisen auf eine bestehende Abhängigkeitserkrankung, sondern Vermittlung an die zuständige Sucht- bzw. Drogenberatungsstelle. 

 

Dr. med. John Koc, Arzt für Psychiatrie – Suchtmedizinische Grundversorgung, Bremen; Mitglied der Qualitätssicherungskommission „Substitution“ bei der KV Bremen

 

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